LESERBRIEF Neue Zürcher Zeitung 22. Oktober 2025
Neuer Kernreaktor
Die Idee mit dem hochmodernen Flüssigsalzreaktor tönt bestechend und könnte sogar eingefleischte Atomkraftgegner wie mich bekehren («Das Experiment mit dem dänischen Mini-AKW», NZZ 17. 10. 25).
Die Minimierung von Risiken, der Wegfall von grossen Mengen Atommüll und die dezentralen modulartigen Containeranlagen ohne riesige Atommeiler überzeugen. Was für mich jedoch noch ein No-Go darstellt, ist die extrem kurze Lebensdauer der Module von maximal nur fünf Jahren. In unserer innovativen Welt müsste es doch möglich sein, die Korrosion in den Griff zu bekommen und eine Langlebigkeit von mindestens 25 Jahren zu bewerkstelligen. Einen Test einer solchen kleinen Versuchsanlage durch das PSI in der Schweiz – zum Beispiel in einer ausgedienten Militärkaverne – muss man jedoch befürworten.
Heinz Hieke, Ermatingen
LESERBRIEF Neue Zürcher Zeitung 14. Juli 2025
Kaufvertrag für den Kampfjet F-35
Wie wenig Politiker und das Parlament von Verträgen verstehen, zeigt der Beitrag von Selina Berner auf («Das verhängnisvolle Versprechen von Viola Amherd und ihren Vertrauten», NZZ 5. 7. 25). Es leuchtet jedem ein, dass Verträge für militärische Beschaffungen nicht publik gemacht werden können.
Die Struktur solcher Verträge erlaubt es jedoch, einzelne nicht heikle Vertragsbestandteile ohne Geheimnisverrat zu veröffentlichen. Ein Vertragsmantel zeigt zum Beispiel die übergeordnete rechtliche Struktur und die Hierarchie einzelner Bestandteile auf, die in einem umfangreichen, komplexen Kontrakt vereinbart werden.
Der Mantel umfasst sehr einfache übersichtliche Inhalte in Form von Kapitelüberschriften. Es handelt sich dabei um nur wenige Seiten eines unterzeichneten Inhaltsverzeichnisses – im Gegensatz zu den einzelnen sehr umfangreichen Kapiteln.
Man möchte meinen, es sei ein Leichtes, dass sich einzelne Autorisierte (zum Beispiel die Eidgenössische Finanzkontrolle, die Sicherheitspolitische Kommission oder der Bundesrat) über das Kapitel «Preis» vor Vertragsunterzeichnung selbst eine Meinung bilden könnten. Nein, da wird und wurde kreuz und quer über den Fixpreis gewerweisst und behauptet, sogar via unbeteiligte amerikanische Botschaft. Ein Kapitel Streitschlichtung scheint offenbar auch nicht vorhanden zu sein.
In professionellen Verhältnissen würde ein solcher Vertrag so klar und deutlich abgefasst sein, dass seine Halbwertszeit die Lebenszeit der Kampfjets und der Vertragsverfasser weit überdauert. Dazu ist unsere Politik offensichtlich nicht in der Lage.
Heinz Hieke, Ermatingen
LESERBRIEF Neue Zürcher Zeitung 18. Juni 2025
Interview mit Lee Yaron
Das Interview mit Lee Yaron hat mich bewogen, ihr Buch «Israel, 7. Oktober» zu lesen («Das Ungeborene fing im Mut-terleib die Kugeln auf», NZZ 5. 6. 25).
Als politisch eher linksorientierter Mensch stand mir im Nahostkonflikt das Schicksal der Palästinenser aus einem angelesenen Gerechtigkeits-empfinden heraus stets immer etwas näher. Die unsäglichen Gewaltverbrechen meiner deutschen Vorfahren an den Juden beschämen mich jedoch ebenfalls tief.
Die Autorin führte mir eigentlich sehr gut informiertem Leser das heterogene Gefüge der israelischen Gesellschaft, die religiösen Riten, die Einzel-
schicksale, die Orte des Geschehens und die extremen Widersprüche wertungsfrei, jedoch drastisch vor Augen. Man sagt so leicht «das Massaker vom 7. Oktober», ohne die furchtbaren Einzelschicksale zu sehen. Die Ausgewogenheit von Lee Yaron, die man beim Thema Palästina sonst selten antrifft, ist bewegend. Eine Anklage oder Bewertung findet nicht statt. Diese wird erfreulicherweise dem Leser überlassen. Eine Pflichtlektüre für Weltverbesserer, die mit ihren simplen Konzepten das Unlösbare realisieren wollen.
Heinz Hieke, Ermatingen
LESERBRIEF Neue Zürcher Zeitung 2. Mai 2025
«Aus der Gütermetro wird eine Seilbahn»
Das Seilziehen um die Gütermetro Cargo Sous Terrain (CST) verkommt zur technischen Absurdität (NZZ 25. 4. 25). Ursprünglich als Swissmetro vom EPFL-Ingenieur Rodolphe Nieth 1974 erfunden, sollte eine Magnetschwebebahn in einem unterirdischen Vakuumtunnel mit hohen Geschwindig-keiten die Fahrzeit zwischen den grossen Schweizer Städten Genf, Bern und Zürich auf zwölf Minuten reduzieren.
​
Die visionäre Idee starb an den erforderlichen gigantischen Investitionskosten. Das nun ebenfalls verworfene Konzept von CST, der unterirdische Versand von Waren mittels selbstfahrender Radfahrzeuge, scheiterte ebenfalls an der Wirtschaftlichkeit.
​
Man darf, gelinde gesagt, die neu vorgesehene Anlage «nach dem Sesselliftprinzip», die «von einem umlaufendenDrahtseil gezogen wird», als Schnapsidee bezeichnen. Bei dem geplanten 500 Kilometer langen Tunnelsystem wären über 1000 Kilometer Zugseil erforderlich, das periodisch auch noch ersetzt werden müsste.
​
Zum Vergleich hat der längste Sessellift der Welt eine Länge von zirka 2,6 Kilometern. Wie viele Zwischen-, Spann-, Übergabe- und Antriebs-stationen wären im Untergrund zusätzlich erforderlich? Bei einem Betrieb im ebenen Tunnel entfallen die energiesparenden Hangabtriebskräfte aus dem Gewicht der Talfahrt, wie sie sich in den Bergen ergeben.
​
Das Seilbahngesetz der Schweiz beinhaltet strenge Kriterien, die unter Tag nur sehr aufwendig zu erfüllen sind. Ausserdem und entscheidend: Bei einer einzelnen Störung steht das gesamteSystem auf ganzer Strecke.
​
Bundesrat Albert Rösti wird so klug sein, diesen Sachplan zu begraben und unsere Ressourcen sinnvoll in die SBB und ihre Transportlogistik zu investieren.
​
Heinz Hieke, Ermatingen
LESERBRIEF Kreuzlinger Nachrichten 17. April 2025
Abgesetzter Ständerat
Zum „DER VERLEGER HAT DAS WORT“ sollte man wirklich die gesamte Geschichte erzählen und zwar richtig. Zur in der Kolumne unerwähnten „Schlaumeierei“ gehört, dass nicht der abgewählte ehemalige Politiker Thomas Minder sondern sein langjähriger Weggefährte Claudio Kuster das aufwendige Verfahren bis vors Bundesgericht zerrte. Dies erst kurz nach der Niederlage! Was Christoph Blocher in seiner verbalen Entrüstung zudem völlig unterschlägt, Simon Stocker war seit seiner Jugend im Kanton Schaffhausen politisch aktiv und konnte in vielen Ämtern (Mitglied des Stadtparlament und des Stadtschulrates, Jugendbeauftragter des Kantons Schaffhausen, acht Jahre Stadtrat) zur Entwicklung des Kantons und der Stadt beitragen. Zu kolportieren, Stocker kenne diesen Kanton im Alltag nicht, hat der Souverän bei der Ständeratswahl offensichtlich ganz anders gesehen.
Die Stimmbürger werden die vermeintliche „Verluderung“ in der Politik wieder richtig stellen. Ich bin gespannt auf die Kolumne des Verlegers nach Simon Stockers Wiederwahl im Juni.
Heinz Hieke, Ermatingen
LESERBRIEF Kreuzlinger Nachrichten 27. Februar 2025
"Eindrücklich schlicht"
Lieber Herr Blocher. „Eindrücklich schlicht" vom 30.01.2025 darf jedoch nicht unbeantwortet bleiben. Dazu kommt mir nur das verharmlosende „alternativ facts" aus dem Umfeld Ihres offensichtlichen neuen Idols in den Sinn. Nicht die USA ist „die älteste Demokratie der Welt". Die Demokratie im antiken Griechenland war die erste Demokratie Europas und der Welt. Es handelte sich dabei um eine direkte Demokratie, also um eine reine Volksherrschaft, in der es weder Parteien noch Parlamente gab.
Die „eindrückliche Schlichtheit der Amtseinführungszeremonie" sei „fern von Pomp und aufgeblasenem Gehabe" gewesen. Die Kosten (im Fall von Trumps erster Amtseinführung etwa 200 Millionen US-Dollar) teilen sich private Spender und Steuerzahler. Für die diesjährige Amtseinführung wurden jetzt alle Rekorde gebrochen. Ausländische Staats- und Regierungschefs gehören traditionell nicht zur Gästeliste. Trump hat jedoch in diese Kuppelhalle des Kapitols - als Schauplatz von Gewalt, Zerstörung und Tötungen durch die aufgestachelten Anhänger nach der verlorenen Wahl gegen Biden - einige Rechtspopulisten eingeladen, darunter Italiens Premierministerin Giorgia Meloni und Argentiniens Präsident Javier Milei. Auch der AfD-Co-Vorsitzende Tino Chrupalla, die AfD-Fraktionsvize Beatrix von Storch und der britische Rechtspopulist Nigel Farage sind dabei. Pomp in Form von grossem Aufwand an prachtvoller Ausstattung, gibt es bei solchen Amtseinführungen nie, der Ablauf wird von der Verfassung vorgege-ben. Der Gipfel der Bescheidenheit ist die Begnadigung der verurteilten Kapitolverbrecher. Ist das aufgeblasene Gehabe mit den bezahlenden Oligarchen (Elon Musk, Jeff Bezos, Mark Zuckerberg, Tim Cook und Sam Altmann) mit der „Albisgüetli-Stimmung" vergleichbar? Die Rede des ersten Präsidenten, der vorbestraft ist, „wirkte nicht improvisiert". Erbeleidigte und beschimpfte bewusst seinen anwesenden Vorgänger. Ein Vorbild für die Schweiz? Die Bischöfin Mariann Edgar Budde, die von der Kanzel herunter den Gewählten zur Vernunft aufrief, wurde als fies und unangemessen und ihr Gottesdienst als sehr langweilig, uninspiriert beleidigt. War dies der „erflehte himmlische Segen"?
Dass Sie als Altbundesrat der Schweiz sich dermassen anbiedern, ist für mich bemerkenswert.
Heinz Hieke, Ermatingen
LESERBRIEF Neue Zürcher Zeitung 28. Oktober 2024
«Schläge, Hunger, sexuelle Gewalt»
Die Beschreibung der Zustände in israelischen Gefängnissen (NZZ 22. 10. 24) mit Tausenden Palästinensern weckt bei mir Erinnerungen an die Nachkriegsberichte aus dem NS-Unrechtsstaat.
​
Neben den vielen Artikeln über die Greuel im Gaza-Krieg braucht es diese konkreten Stimmen, die die Entmenschlichung im Detail konkreti-sieren. Jede Kritik an der Regierung Netanyahu wird ad hoc als Antisemitismus diagnostiziert.
​
In der Diskussion wird angeführt, Israel sei doch die einzige Demokratie in Nahost. Dies als Persilschein oder Legitimation für sämtliche, auch fragwürdige Handlungen. Was dabei leicht vergessen geht: Die Geschichte hat vor den Massakern der Hamas am 7. Oktober 2023 begonnen.
​
Ich – als nach dem Zweiten Weltkrieg Geborener – schäme mich noch heutefür die furchtbaren Taten meiner deutschen Vorfahren, die sie auch mit Rechtfertigungen begannen.
​
Die Täter von heute bereiten die Sicht auf die Geschichtsschreibung von morgen. Die Opfer von Unrecht (Handelnde wie Inhaftierte) bleiben leiderals hinzunehmender Kollateralschaden auf der Strecke.
​
Heinz Hieke, Ermatingen
LESERBRIEF Kreuzlinger Nachrichten 16. August 2024
RETTE, WER SICH RETTEN KANN (oder: wer verlässt das sinkende Schiff?)
Schon als sich die Investorengruppe (P. Dransfeld, R. Lager, K.Egger, W. Sauter, M. Thalmann) dem Kehlhof annahm, stellte sich die Frage, vor welcher Gefahr dieser denn eigentlich zu retten sei. Ein Investor, der sein Geld für den Kauf in die Hand nimmt, baut doch wirklich keinen hohen Zaun um die Liegenschaft oder zündet diese ganz sicher auch nicht an. Die Motive von Anlegern bleiben stets deren Geheimnis und dienen deren ureigenen Interessen. Sehr zu recht!
Der „Kehlhof soll der Öffentlichkeit erhalten bleiben“. He hallo, dieser war und ist in Privatbesitz und die Öffentlichkeit hatte und hat da überhaupt nichts zu melden. Ausser der Kehlhofserenade des Männerchors vor Jahren gab es da wenig Öffentliches. „Attraktive Gastronomie“ ist ein hartes Business, dafür braucht es mehr wie ein „Nutzungskonzept“ (siehe: Restaurant Adler).
Die Frage lautet, ob ein Investor einen Fanklub (Verein Pro Kehlhof) benötigt, der ihn mit „Visionen“ und „Zielen“ begleitet oder sogar „das Ruder übernimmt“. Wir werden sehen, ob die o.g. Investorengruppe dem Fanklub beitritt und ihm die Prokura erteilt.
Gut informierte Kreise behaupten, die Veranstaltung diene eigentlich nur dem eleganten Absprung des Visionärs, der eigentlich nichts zu Wege brachte. Bei den vermeintlichen „grossen Interessenkonflikten“ handelt es sich dabei um ein elegantes Absprungbrett. Frei nach Helmut Schmidt: "Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen“!​
Heinz Hieke, Ermatingen
LESERBRIEF Kreuzlinger Nachrichten 12. September 2024
"Boule Bahn: Sinnloses Hin und Her"
«Die halbe Wahrheit gesagt und den Rest verschwiegen, ist auch eine ganze Lüge» (Joachim Panten). Die Ortswechsel der «Boule-Bahn» vom Ermatinger Horn über die Stedi zur Badi mit etwas schrägen Begründungen und dann auf einmal «nicht mehr wünschenswert»?
​
Vielleicht könnte man der Wahrheit etwas näher kommen, wenn das Schreiben des Seniorenrats in der kommenden Ausgabe der Ermatinger Geschäftsmitteilungen veröffentlicht würde. Boule ist ein auf öffentlichen zentralen Plätzen ausgetragenes Freizeit-Kugel-Spiel. Man trifft sich in der Regel spontan auch als Zuschauer ohne weite Anreise. Ermatingen plante zu guter Letzt eine Bahn weit ausserhalb des Dorfes, bei der offensichtlich das Hauptkriterium nicht der eigentliche Spielinhalt (gesellschaftlicher Treffpunkt) sondern die Toiletteninfrastruktur wichtig ist (übrigens existiert auch an der Hornstrasse ein öffentliches WC). Der Boule-Bahn würde es wohl gleichgültig gewesen sein, ob da dann dort überhaupt jemand zum Spielen gekommen wäre. Spannend ist die Frage, wieviel Steuerbatzen die Gemeinde schon für das völlig sinnlose Hinundher verbrannt hat. Mit etwas Nachdenken versaut man sich die ganzen schönen Fehler, die man noch hätte machen können...
​
Heinz Hieke, Ermatingen
LESERBRIEF Neue Zürcher Zeitung 5. Mai 2023
«Die Komödianten von Bern»
Der Leitartikel wirft essenzielle Schwächen unserer direkten Demokratie auf. Die Erwartungshaltungen gegenüber den Parlamentariern des Nationalrats (NR) sind jedoch etwas utopisch. Der NR spiegelt leider im Groben nur das Volk mit seinen Stärken und Schwächen wider. Er weiss daher ausser den Granden und Insidern nicht mehr als die Allgemeinheit, obwohl es wünschenswert wäre.
Im Februar ist mir zufällig das Buch «Schweizer Geheimnisse» in die Hände geraten, das sich ausschliesslich mit den Hintergründen und Machen-schaften der CS befasst. Was dort offen zu lesen ist, zeigt deutlich auf, wie skandalös unsere Gesellschaft darin geübt ist, wegzusehen und wider besseres Wissen zu glauben, was in Selbstdeklarationen öffentlich als Wahrheit verkauft wird.
Auch die erst vor Monaten öffentlich im SRF verkündigte Lüge der CS-Führung, der Abfluss der Einlagen sei gestoppt, war absolut unglaubwürdig. Also, wir alle hätten es wissen können, jedoch gibt es die Profis in Regierung und Bankenaufsicht, die es gewusst hatten und trotzdem nicht professionell gehandelt haben.
Der Frust im NR ist nachvollziehbar, die nicht rechtzeitige Anhandnahme der Verantwortlichen ist es absolut nicht. Der Entscheid, die UBS zur Übernahme zu «überreden», war falsch. Von unserem Geld, das der Bank nun als Sicherheit und fetter Zustupf zur Verfügung gestellt wird, hätte man leicht und ohne Schaden den von einem Konkurs der CS in der Schweiz betroffenen Firmen per «Notrecht» geben können.
Die Mär von der Rettung der internationalen Finanzstabilität durch den Bundesratsentscheid kommt zu dumm daher, um glaubwürdig zu sein. Warum hat der BR den angeblichen ausländischen Druckausübern nicht einen Teil der entstehenden Risiken auferlegt?
​
Heinz Hieke, Ermatingen
LESERBRIEF Neue Zürcher Zeitung 8. Juli 2022
Sparsamer Umgang mit Zement
Der Titel des Artikels bringt es bereits auf den Punkt («Gegen den Klimakiller Zement ist kaum ein Kraut gewachsen», NZZ 1. 7 . 22). Die Anstrengungen von Produzenten in Ehren, diese können jedoch nur Tropfen auf dem heissen Stein sein. Der CO2-Anfall pro Tonne Zement kann trotz teilweisem Ersatz von Grundstoffen nur marginal reduziert werden.
Der hohe Energiebedarf – auch mitsogenannter sauberer Energie – beim Klinkerbrennen, beim Transport vor und nach der Produktion und beim Mahlen des Klinkers werden bleiben. Dabei bleibt es jedoch nicht einmal beim CO2- Ausstoss, da danach ja erst noch daraus der Beton gemischt und weiter zur Baustelle transportiert werden muss.
Der Ansatz zur Reduktion darf nicht nur beim Zementhersteller liegen. Bauherren, Planer, Investoren, Architekten und Ingenieure stehen in der Pflicht im sparsamen Umgang mit diesem genialen Baustoff. Die vorgesehene Bauwerks-lebenszeit muss drastisch erhöht werden; einhergehend damit die vertraglich zu garantierenden Qualitätsansprüche.
Dabei müssten zwingend intelligente Folgeverwendungen für das Nutzungsende der Betonkonstruktionen vorgeplant werden, bei denen nicht der Abbruch das Ende darstellt. Dies muss zum Vergabe- und Entscheidungskriterium werden. Es ist zu simpel, auf den Reduktionswillen der Zementherstellerzu setzen. Wir sind da alle gefragt.
​
Heinz Hieke, Ermatingen
Bote vom Untersee und Rhein 23. März 2021
Windpark - Schloss Eugensberg
Die Publireportage (Bote vom Untersee und Rhein Freitag, 19.03.2021) zu Schloss Eugensberg und dem geplanten Windpark kann nicht unkommentiert bleiben. Der Versuch der Autoren Themen miteinander zu verquicken ist selbstentlarvend und missglückt. Geht es hier wirklich um Mitgefühl für die Schlossbesitzer, oder um den Rekurs wegen zweier unwesentlicher Trennwände im Innenraum des Schlosses? Dies wurde im Beitrag offensichtlich nur vorgeschoben. Wen interessieren denn Trennwände eines Schlosses, die die Öffentlichkeit ganz sicher nie zu Gesicht bekommen werden?
Mit der aufbauschenden Rhetorik kommen wir nun dem eigentlichen Hauptanliegen des Textes näher. Da wird aus Windkraftanlagen eine „Industriezone“ heraufbeschworen. „Mächtige Industrietürme“ als „höchste Bauwerke, die im Thurgau jemals geplant wurden,“ würden „das gebaute Erbe (einzigartige, uralte Terrassen-, Kultur- und Erholungslandschaft) drastisch verändern.“ Das „kulturhistorische Flair von Schloss Eugensberg“ (notabene kann die Öffentlichkeit dieses Schloss nur aus dem Flugzeug wirklich sehen) muss für die Gegner von Windkraftanlagen herhalten. Man kann über die Energiepolitik mit dem Ziel dem Klimawandel zu begegnen trefflich diskutieren. Aber doch bitte nicht mit Pseudoheimatschutz. Wenn wir in der Vergangenheit alles Alte erhalten hätten, würden wir ohne WLAN oder Zeitung bei Kerzenlicht in Pfahlbauten oder Römerruinen hausen. Wollen wir das wirklich?
​Heinz Hieke, Ermatingen
LESERBRIEF Neue Zürcher Zeitung 20. November 2020
«Wir sind kein Wohltätigkeitsverein»
Das aufschlussreiche Interview mit Ivan Glasenberg, CEO von Glencore, bestärkt mich in meiner Haltung bezüglich der Konzernverantwortungsinitiative. Glasenberg konstatiert, die gleichhohen Standards in Entwicklungsländern wie in einem Industrieland einzuhalten. Heisst das, die strengen Richtlinien z. B. von Norwegen, Deutschland oder der Schweiz werden in Afrika umgesetzt? Der Fiskus verfüge in Sambia oder Kongo über die intelligentesten Leute, die prüften, ob von Glencore die Steuern korrekt bezahlt würden. Diese beiden Länder stehen auf Platz 113 und 168 des weltweiten Korruptionsniveaus weit abgeschlagen vom hohen Standard der Schweiz (Rang 4). Braucht es da vielleicht dumme Leute in diesen Finanzbehörden, um die Augen zuzudrücken und die Hände aufzuhalten? Wenn das alles so sauber und korrekt wie behauptet abliefe, brauchten sich solche Manager doch nicht vor der Initiative zu fürchten. Ganz nebenbei versteckt man sich noch – wie Trump – hinter den Chinesen, die doch noch viel intransparenter agieren. Und – nicht zu vergessen – die Sorge von Glencore um die KMU der Schweiz. Wenn Bergbaufirmen aufhören mit unsauberen Geschäftsmodellen zu arbeiten, «stoppt die Welt» ganz sicher nicht.
Heinz Hieke, Ermatingen
LESERBRIEF Neue Zürcher Zeitung 12. April 2019
«Fragwürdige Statistiken»
Submissionsergebnisse anhand von Statistiken analysieren zu wollen, gleicht dem Versuch, aus einer Glaskugel herauszulesen. Im Artikel «Weko erschnüffelt Spuren in der Statistik» (NZZ 3. 4. 19) wird das gängige Bild vom Baugewerbe, das die Bauherren «über den Tisch zieht», gepflegt.Ausserdem werden regionale Wettbewerbsvergehen, die selbstredend zu verurteilen sind, auf die gesamte Branche bezogen. Dies und auch die behauptete These der «zu geringen Innovationsanreize» und der «Erhaltung nicht wettbewerbsfähiger Strukturen»trifft so nicht zu. Schon lange vor der Ein-
führung des Kartellgesetzes im Oktober 1995 gehörte zum Beispiel der Tunnel- und Brückenbau in der Schweiz zur innovativen Weltspitze. Die Strukturanpassung ist notwendiges tägliches Brot. Auch das Bild von klandestinen Submissionsabreden – etwa im Bereich von Grossprojekten mit internationalem Wettbewerb – ist etwas naiv. Solche Projekte sind hart umkämpft; Futterneid, nich tKumpanei steht hier im Vordergrund. Was nie eine Erwähnung findet, ist der Umstand, dass im Baugewerbe die Angebotserstellung für die Bauherren völlig kostenlos erfolgt. Projektteams erarbeiten über Monate komplexe Angebote mit vielen Ideen und Studien, von denen die Bauherren letztlich gratis profitieren. Alle Wettbewerber – ausser dem Siegerprojekt – haben am Ende umsonst gearbeitet.
Wettbewerbsverzerrung und Schaden im grossen Stil entstehen vielmehr oft durch fehlerhafte Ausschreibungsgrundlagen, die Tür und Tor für Spekulationen öffnen. Oft erhält der Wettbewerber mit dem grössten Mut zur kreativen Preisgestaltung den Auftrag, der im Nachhinein anhand ebendieser schlechten Unterlagen Forderungen erhebt. Über Jahr-zehnte habe ich mich nach Angebotseröffnungen gefragt, wie die Wettbewerberauf ihre Angebotsbeträge gekommensind (und diese wohl auch bei uns).
Keine Statistik kann hier in dieser verschlungenen Welt für Klarheit sorgen.
Heinz Hieke, Ermatingen
LESERBRIEF Neue Zürcher Zeitung 8. März 2019
«Offenheit beginnt in den Köpfen»
Die gefühlte Stimmung, der Thurgau schlittere von Skandal zu Skandal (Thurgauer Kunstmuseum, Hefenhofen, Freistellung des Prorektors der PH Thurgau), kann nicht durch das begrüssenswerte Öffentlichkeitsgesetz beseitigt werden (NZZ 14. 2. 19). Blickt man hinter die Kulissen, reibt man sich die Augen. Die obersten Repräsentanten üben ihr Amt aus, wie es nicht annähernd mit Recht und Demokratie in Verbindung gebracht werden kann. Die «bewährte Praxis»:Rechtsbeugung (Kunstmuseum), Wegsehen (Hefenhofen) und Verschwendung von Steuergeldern (PH Thurgau).
Voraussetzung für mehr Öffentlichkeit wäre doch ein echter Wille, offen zu kommunizieren. Diesen spreche ich dem Regierungsrat ab, verlangte man
doch sogar vom freigestellten Prorektor «lebenslanges Schweigen» für die Zahlung von einer halben Million Schweigegeld. Am Ende wird man bald noch davon berichten, dass die Rektorin (als Bauernopfer) krankheitshalber ihr Amt niederlegt. Natürlich wieder mit Steuergeld belohnt. Die Regierung stützt eine zweifelhafte Vorlage des Hochschulrats nach Gutsherrenart. Da braucht es grosses Umdenken.
Heinz Hieke, Ermatingen
LESERBRIEF Neue Zürcher Zeitung 25. Oktober 2017
«Erinnerungen an die Grenzsanität»
Das Lesen des interessanten Artikels zu den Expats (NZZ 13. 10. 17) löste bei mir eine immer noch anhaltende Selbstreflexion aus. Was Ramsumair Ramphal und ein Leserbriefschreiber über den medizinischen Check an der Grenze erzählen, hat die Erinnerung an meine Einreise im Jahr 1989 wieder hervorgeholt. Meine Illusionen bezüglich der Schweiz, die ich mir in den Jahrzehnten vor 1989 als deutscher Tourist bei sehr vielen Besuchen zugelegt hatte, lösten sich in Luft auf. Man brauchte – vielleicht tröstlich für Ramsumair Ramphal – kein Inder zu sein, um den medizinischen Check erleben zu müssen. Etwas sarkastisch ausgedrückt, kam ich damals zum Schluss, dass man als Tourist als nicht so infektiös angesehen wird wie als Eingereister. Die unmodernen, grossen Räume der Basler Grenzsanität, in denen ich etwas verloren diverse Stationen durchlaufen musste, waren offensichtlich für einen grösseren Ansturm ausgelegt. Ich wurde damals gebüsst, weil ich nicht sofort nach dem Grenzübertritt angetrabt war. Obwohl sehr gut integriert und mit dem roten Pass ausgestattet, muss ich nun heute schmunzelnd feststellen, dass ich ein «lifer» unter den Expats sein soll.
Heinz Hieke, Ermatingen
LESERBRIEF Neue Zürcher Zeitung 16. Februar 2017
«Digitalradio mit Sendelücken»
Der Beitrag «Das Ende des UKW-Radios naht» (NZZ 11. 2. 17) erschreckt mich als Automobilisten ein wenig. Die neuen Techniken nimmt man gerne auf, wenn sie denn funktionieren. Ich als einer der Älteren habe die DAB-Stationen, die ich regelmässig höre, in meinem Autoradio als Standardsender fixiert. Manche existieren bereits nur in diesem Format (z. B. Radio SRF 4 News). Die Fahrten im PW über den Nord- und Westring um Zürich bescheren auf DAB in sämtlichen Tunneln eine absolute Sendepause, auch auf Radio SRF 1 (Verkehrsinformationen). Gut, man könnte während der Zwangssendepause etwas reflektieren. Aber der Mensch möchte doch die eben begonnene spannende Sendung zu Ende hören (nebenbei ist es noch gefährlich, im Tunnel schnell nach den entsprechenden UKW-Sendern zu suchen!). Das im Artikel erwähnte Norwegen, wo ich regelmässig geschäftlich unterwegs bin, ist bezüglich DAB absolut vorbildlich. Kein Tunnel unterbricht dort den Hörgenuss.
Heinz Hieke, Ermatingen
LESERBRIEF Neue Zürcher Zeitung 19. Juli 2014
«Fracking – ohne seismische Risiken?»
Die Diskussion um Fracking erhitzt die Gemüter. Jedoch ist objektive Information (NZZ 9. 7. 14) zur Versachlichung notwendig. Der Leserbrief des Präsidenten der Saseg (NZZ 12. 7. 14), deren Ziele offensichtlich sind, kann dazu nicht dienen. Das Bestreiten des Zusammenhangs von Injektionen in den Untergrund und Erdbeben mit dem Wort-Fracking («direkt») demaskiert sich selbst. Der Nachweis für die Falschbehauptung bleibt dem Leser vorenthalten.
Was jedoch nicht unkommentiert bleiben darf, ist die Unlogik in den weiteren Ausführungen des Leserbriefes. Dass das Einpressen von «aufbereitetem Wasser» «ohne seismische Risiken technisch machbar sei», ist hanebüchen. Nicht die Qualität des Wassers richtet den physikalischen Schaden im Untergrund an, sondern die hohen hydrostatischen Drücke verursachen diesen.
Die grossen Mengen von giftigen Substanzen (wie die NZZ richtig konsta-tiert), die als Hilfssubstanzen beim Fracking zum Einsatz kommen müssen, sind neben der Erdbebengefahr ein unbeherrschbares Risiko.
Ohne die dem Einpresswasser beigefügten Chemikalien, die die Viskosität dieser Medien optimieren, ist Fracking nicht möglich. Wer sich beruflich ernsthaft mit Bodeninjektionen befasst, weiss, dass es kein kontrolliertes, sauberes Verfahren gibt.
Heinz Hieke, Ermatingen (Dipl. Ing. (FH) Bauingenieurwesen)